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Filmkritik

„Der Schacht“: Dystopischer Klassenkampf auf Netflix

Aus dem Nichts hat sich dieser spanische Sci-Fi Thriller zum Publikumsliebling des Streaming-Giganten gemausert.

von Oezguer Anil

03/25/2020, 09:27 AM

Goreng (Ivan Massagué) wacht auf einem klapprigen Bettgestell in einem Raum auf, der nicht mehr als ein Waschbecken und einen Spiegel zu bieten hat. An der Wand gegenüber liegt der Pensionist Trimagasi (Zorion Eguileor). Der junge Akademiker weiß nicht, wo er sich befindet und versucht, von seinem Zimmerkollegen Informationen über diesen seltsamen Ort einzuholen. An der Decke und am Boden des Raumes befinden sich zwei rechteckige Löcher, durch die man in die endlosen Etagen unter und über sich sehen kann. Goreng ist auf Ebene 48 gelandet, das sei gut, sagt Trimagasi. Mit den Unteren rede man nicht, weil sie eben unter einem seien und die Oberen antworten einem nicht, weil sie eben über einem sein – völlig klar. Einmal pro Tag fährt ein mit köstlichen Speisen bestückter Tisch von der obersten bis in die unterste Ebene. Die Bewohner der oberen Ebenen schlagen sich die Bäuche jedoch immer derart voll, dass für die unteren Bewohner nichts mehr übrig bleibt, wodurch in den tiefer gelegenen Stockwerken Verzweiflung und Chaos herrscht. Man verbringt einen Monat im selben Raum. Auf welche Ebene man danach kommt, ist purer Zufall.

Eat the Poor

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Obwohl „Der Schacht“ erst seit wenigen Tagen auf Netflix verfügbar ist, befindet sich die spanische Produktion bereits in mehreren Ländern unter den meistgesehenen Filmen. Das liegt einerseits an der genialen Idee und Umsetzung und andererseits daran, dass die Erzählung von sozialer Isolation handelt, in der sich derzeit Milliarden von Menschen befinden. Regisseur Galder Gaztelu-Urrutia trifft mit seiner Allegorie über den Kapitalismus den Nerv der Zeit. Mit wenigen Mitteln kreiert er eine Welt, in der spannende Fragen über Klassen, Solidarität und Totalitarismus gestellt werden.

Herz und Hirn

Das geniale Drehbuch von David Desola und Pedro Rivero packt den Zuseher von der ersten Sekunde an. Die Moralvorstellungen der Hauptfigur beginnen sich durch die Reibung mit seiner Umgebung zu verändern und lassen ihn wortwörtlich in den menschlichen Abgrund blicken. Die cleveren Dialoge und die unvorhersehbaren Wendungen machen diesen Sci-Fi Thriller zu einem unglaublich unterhaltsamen Gedankenexperiment, über das man noch tagelang nachdenken kann. Ähnlich wie Bong Joon HosParasite“ basiert die Klassenkritik von „Der Schacht“ nicht auf Plattitüden und Klischees, sondern auf fundierten Ideen, die einem die Ambivalenz des menschlichen Daseins vor Augen führt.

Gemeinsame Einsamkeit

„Der Schacht“ hat es nicht verdient, ein Geheimtipp zu bleiben, sondern bietet ganz großes Kino in Euren vier Wänden. Es ist einer der beeindruckendsten Neuerscheinungen auf Netflix und führt uns in den Zeiten von Isolation vor, wie wichtig sozialer Zusammenhalt sein kann. Ein Meisterwerk mit Kultpotential!

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